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17.05.2023

Ramp One-Event 2023: Ökostrom für Anwohner?!

Nach Jahren des Booms lässt auch in der Baubranche die Goldgräberstimmung langsam nach. Allerdings lässt die weiterhin hohe Nachfrage nach Logistikimmobilien die Branche hoffen. Wohin die Reise geht, das diskutierten Referenten und Teilnehmer beim ausverkauften Ramp-One-Event am 26. April in Hamburg.
©: Dierk Kruse
Quo vadis Logistikimmobilie? 30 Referenten und mehr als 200 Teilnehmer diskutierten beim ausverkauften Ramp-One-Event am 26. April in Hamburg, wie es in der Logistikimmobilienszene weitergeht.
Foto: Dierk Kruse

Nach Jahren des Booms lässt auch in der Baubranche die Goldgräberstimmung langsam, aber sicher nach. Aufgrund gestiegener Material- und Energiekosten sowie eine nach wie vor hohe Inflation erwarten die Experten von Bulwiengesa deutlich weniger Neubauten für 2023. Allerdings: Die weiterhin hohe Nachfrage nach Logistikimmobilien lässt die Branche hoffen. Ob die Reise dabei in Richtung Energiepark geht, diskutierten 30 Referenten und mehr als 200 Teilnehmer beim ausverkauften Ramp-One-Event am 26. April in Hamburg.

Artikel

von Ingo Neuling

Nachhaltigkeit ist und bleibt ein Megatrend in der Branche. Kuno Neumeier, CEO der Logivest Gruppe und Sprecher des BVL Themenkreises Logistikimmobilien, nennt in seiner Keynote gleich die Prämisse: Nachhaltigkeit muss sich rechnen – und zwar für alle Beteiligten. Die gute Nachricht: Das kann funktionieren, wenn die Kosten ganzheitlich und längerfristig betrachtet werden. Insbesondere die Betriebskosten sind vor dem Hintergrund der aktuellen weltpolitischen Lage kaum sicher kalkulierbar. Damit hat die „zweite Miete“ das Potenzial, zu einer echten Kostenfalle zu werden. Wenn sich aber die Kosten für Energie durch technische Innovationen deutlich senken lassen, dann können Einsparungen Investitionskosten langfristig übersteigen. Neumeier fordert daher:

„Wir müssen Energie- und Infrastrukturspezialisten werden!“

und verweist auf die Initiative „Power of Logistics“. Sie zeige, wie die Logistik nicht nur den eigenen Strombedarf decken, sondern durch ausgedehnte PV-Anlagen auf Lagerhallen, Windräder in Gewerbeparks, Blockheizkraftwerke und Wasser-Wärmepumpen das Thema Energieautarkie auch für Kommunen und Gemeinden voranbringen kann. Als kommunaler Energiepark, der womöglich auch den Anwohnern Öko-Strom zum Vorzugspreis oder Ladestationen für E-Autos zur Verfügung stellt, könne dieser Ansatz das Ansehen von Logistikansiedlungen bei Kommunen und bei Anwohnern verbessern, so Neumeier.

Hamburg-Billbrook: Quartier der Zukunft

Wie der Wandel eines ganzen Quartiers vonstattengeht, kann man derzeit in Hamburger Stadtteil Billbrook beobachten. Bis 2040 soll dort ein Hightech-Industriestandort in Premium-Lage mit innovativen, weltweit agierenden Unternehmen entstehen. Doch die Lage hat ihren Preis, wie auch Jörg Lojewski, Geschäftsführer bei Realogis Immobilien Hamburg, betonte:

„Derzeit rangieren die Grundstückskaufpreise bis zu 1.000 Euro pro Quadratmeter. Zusammen mit den aktuell hohen Baukosten sind Entwickler quasi gezwungen, in die Höhe zu bauen, um noch eine erstrebenswerte Rendite zu erzielen.“

Entwickler Goodman macht genau das. Bis 2024 soll ein neues Logistikzentrum entstehen. Es bietet im Erdgeschoss Flächen für die typische Kontraktlogistik mit 40-Tonnern und im Obergeschoss entsteht über eine Auffahrrampe eine Cross-Dock-Fläche mit rund 6.000 Quadratmetern. Auch Group 7 hat in Billbrook gebaut. 36 Millionen Euro investierte das Unternehmen in Grundstück und Neubau mit Gold-Standard der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DNGB). Die Nutzungszeit wird mit 50 Jahren plus kalkuliert. Im Kampf um das Grundstück half es, so Juniorchef und Projektmanager Daniel Jocher, dass das Familienunternehmen die Immobilie selbst betreiben will.

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ESG – das S wird wichtig

Dass Nachhaltigkeit nicht nur die ökologische Komponente umfasst, unterstrichen die Teilnehmer des dritten Diskussionsblocks. „08/15-Logistikimmmobilien reichen nicht mehr. Das ‚S‘, also die soziale Komponente von ESG, wird beim Bau funktionaler Gebäude zunehmend wichtiger, um in Zeiten des Fachkräftemangels an Attraktivität zu gewinnen“, erläuterte GSE Deutschland-Geschäftsführer Dany Brodhag.

„Ob Bouleplatz, Kletterwand, Basketballfeld, Dachterrasse oder Gym: Die Halle ist kein grauer Klotz, keine alte Kiste, sondern ein modernes Gebäude, das mit seiner Ausgestaltung und Architektur heute auch Wohlbefinden erzeugen muss.“

Diesen Anspruch setzt der Generalübernehmer derzeit im Auftrag der E-Gruppe in Sehnde-Ost bei Hannover um – und das mit Erfolg. Neben der Delticom AG, Europas größtem Online-Händler für Reifen und Kompletträder, hat auch unter anderem Picnic einen Mietvertrag unterschrieben. Dass der Vertrag zustande kam, führte Dr. Steven Engler, geschäftsführender Gesellschafter der E-Gruppe, auch darauf zurück, dass der Online-Supermarkt sich frühzeitig in die Ausgestaltung der Räumlichkeiten und Sozialflächen einbringen konnte.

„Das Projekt ist nachhaltigste der Firmengeschichte“, so Dr. Engler. Die Logistikhalle wird nach KfW 55 und das Bürogebäude sogar nach KfW 40 Standard gebaut. Zukünftig müsse man bei der Planung von Logistikflächen aber verstärkt den Netzwerkgedanken einbinden. Effizienter, als Einzelobjekte energieautark zu bauen, ist es seiner Ansicht nach, wenn mehrere Objekte ihre selbst erzeugte Energien zentral speichern und untereinander zur Verfügung stellen. Noch seien große Energiespeicher allerdings zu teuer.

Tanztee statt Party

Teuer war in der jüngeren Vergangenheit allerdings kein Argument, um neue Immobilienprojekte auf Eis zu legen. Im Gegenteil: In den vergangenen Jahren war die Nachfrage so groß, dass gebaut wurde, was gebaut werden konnte. Heute ist die Nachfrage zwar immer noch da, aber die Bau- und Energiekosten sind deutlich gestiegen bzw. sehr volatil. Das schlägt sich in geschmälerten Renditen nieder, die im ersten Quartal des Jahres die Transaktionsvolumina zurückgehen ließen. Kuno Neumeier beschreibt die Lage mit den Worten:

„Die Party ist vorbei. Jetzt folgt der Tanztee.“

Der Rückgang sei zu erwarten gewesen. „Bereits jetzt sehen wir Projekte, die aufgrund zu hoher Mieten abgesagt werden – Tendenz steigend. Für den Mieter gewinnen damit Bestandsimmobilien an Attraktivität“, so Neumaier. Patrick Frank, Country Director, GLP Deutschland, pflichtete dem bei, auch wenn die Kosten für Bestandsbauten ebenfalls steigen werden – auch durch innovative Energieeffizienzlösungen. Potenziellen Mietern müsse daher viel deutlicher aufgezeigt werden, welche Kosteneinsparungen solche Lösungen auf Dauer bringen. Denn zu oft würde noch ausschließlich auf den reinen Mietpreis geschaut.

Was sich Nutzer wünschen

Doch was wünschen sich Nutzer überhaupt – von einem günstigen Mietpreis bei guter Lage mal ganz abgesehen? Ein gewichtiger Faktor sei Planungssicherheit, so Frank Schmidt, Inhaber vom Logistikdienstleister TST. „Insbesondere bei Investitionen in nachhaltige Logistikimmobilien, die mit erneuerbaren Energien und geringem Ressourcenverbrauch glänzen. Grundvoraussetzung dafür sind langfristige Partnerschaften mit Kunden und Kommunen.“ Immer wichtiger werde zudem eine transparente Kommunikation und enge Abstimmung aller Parteien, merkte Natalie Weber an, Prokuristin und Head of Fund Management bei LIP Invest. Dies gelte unter anderem im Hinblick auf die Umsetzung von ESG-Kriterien und die Realisierung von Neubauprojekten.

Logistik kann Vorreiter sein

Zum Abschluss der Veranstaltung wurde ein Bogen zum ESG-Thema geschlagen. ESG-Kriterien sollten sich nicht nur auf das Gebäude beziehen, sondern auch den Boden beziehungsweise die Aufbereitung des Grundstückes, auf dem es errichtet wurde, forderte Brownfield24-Geschäftsführer Raphael Thießen. Erst dann könne auch eine ehrliche und vor allem ganzheitliche Circular Economy entstehen. Gerade die Logistik könne hier Vorreiter sein, weil sich kaum eine andere Branche dem Thema nachhaltige Flächenrevitalisierung so intensiv widmet.

Jan Dietrich Hempel, Geschäftsführer von Garbe Industrial Real Estate, ist zum Beispiel seit mehr als 20 Jahren unter anderem im Bereich der Brownfields unterwegs:

„Als Hamburger Unternehmen darf man beim Ankauf von attraktiven Objekten, die gut vermietbar sind, vor belasteten Flächen nicht zurückschrecken. Das wäre ein taktischer Fehler.“

Man müsse solche Projekte und Objekte mit Nüchternheit und Sachverstand angehen. „Dann sind sie auch rentabel.“

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