Nach Angaben von Colliers können seit Beginn des Ukraine-Krieges erste temporäre Effekte auf den deutschen Logistikimmobilienmarkt festgestellt werden. In den ersten Wochen hatte der seit Ende Februar andauernde Ukraine-Krieg einen direkten Einfluss auf die europäischen Lieferwege. Hierzu zählt vor allem die neue Seidenstraße, die von China über Russland und Belarus in Richtung Westeuropa verläuft und die wichtigste europäisch-chinesische Güterzugverbindung darstellt.
Einer der wichtigsten Knotenpunkte am Ende der Transportroute ist der Duisburger Hafen am Rhein, welcher in den letzten Jahren deutlich von den Investitionen in die neue Seidenstraße profitierte und sich seither im ständigen Ausbau befindet. Die Unterbrechung der Lieferkette hatte zu Folge, dass die Nachfrage nach Hallenflächen für die Zwischenlagerung von Warenlieferungen über Osteuropa drastisch anstieg. Darüber hinaus wurden viele ukrainische Lkw-Fahrer als Reservisten für den Krieg eingezogen, wodurch es zu einem spürbaren Fahrermangel kam. Als direkte Folge waren Lieferengpässe und Verzögerungen bei den Lieferungen feststellbar. Ferner konnten vermehrt Gesuche von der Seite der Hilfsorganisationen für Logistikflächen zur Lagerung von Hilfsgütern und Medikamenten festgestellt werden, die im weiteren Verlauf an die Ukraine geliefert werden sollen.
Artikel
von Tim-Oliver Frische
Auch Sanktionen gegen Russland wirken sich aus
Weitreichende Folgen haben außerdem die international verhängten Sanktionen gegen Russland, die dazu führen, dass eine Vielzahl an weltweiten Unternehmen ihre Geschäfte und Beziehungen mit russischen Unternehmen beenden und ihre Exporte nach Russland auf Eis legen. So verhängte Volkswagen mit sofortiger Wirkung einen Lieferstopp nach Russland. Zusätzlich wurden die Produktionen an den russischen VW-Standorten Kaluga und Nischni Nowgorod bis auf Weiteres stillgelegt. Weitere Automobilkonzerne tun es VW gleich: Daimler Truck, Renault, BMW und Volvo haben ebenfalls ihre Konsequenzen gezogen und sich für einen Exportstopp nach Russland entschieden. Darüber hinaus explodierten die Rohstoff-Preise als Reaktion auf die Sanktionen, wodurch die Transportkosten schlagartig anstiegen.
„Der deutsche Logistikimmobilienmarkt verzeichnet bereits seit Jahren einen zunehmenden Flächenmangel bei einer gleichzeitig steigenden Nachfrage. Die zweijährige Pandemie wirkte wie ein Katalysator auf die Nachfrage nach Logistikflächen und beflügelte die Flächenumsätze. Zum jetzigen Zeitpunkt können wir noch nicht einschätzen, ob der Ukraine-Krieg einen nachhaltigen Einfluss auf die Nachfrage nach Logistikimmobilien in Deutschland haben wird. Kurzfristig stellen wir auf jedem Fall eine erhöhte Nachfrage nach Flächen zur Warenzwischenlagerung fest“ erklärt Stephan Dalbeck, Managing Director Business Development Industrial & Logistics bei Colliers.
„Inwiefern dieser Sondereffekt sich auf das Mietniveau auswirken wird, ist aktuell ebenfalls kaum einschätzbar. In den letzten 12 Monaten konnten wir ein Mietpreiswachstum an einigen der Top 8 Standorte von bis zu 8 Prozent beobachten. Kurzfristig wird die erhöhte Nachfrage aufgrund des Ukraine-Konflikts die Wettbewerbssituation verstärken. Aber auch hier hängt dieser Zustand stark von der Dauer des Konflikts und der politischen Situation danach ab. Auf der Investmentseite erwarten wir mehr Unsicherheit von der Seite der Banken und Investoren und somit mehr Beratungsbedarf“, so Dalbeck abschließend.
„Zum jetzigen Zeitpunkt können wir noch nicht einschätzen, ob der Ukraine-Krieg einen nachhaltigen Einfluss auf die Nachfrage nach Logistikimmobilien in Deutschland haben wird. Kurzfristig stellen wir auf jedem Fall eine erhöhte Nachfrage nach Flächen zur Warenzwischenlagerung fest.“
Stephan Dalbeck
Managing Director Business Development Industrial & Logistics bei Colliers